Netzpolitik Teil 1: BND, Vorratsdatenspeicherung & Metadaten

In der Diskussion um BND und Vorratsdatenspeicherung werden die Auswirkungen immer mit dem Argument kleingeredet, es handle sich nur um Metadaten. Deshalb sei die Totalüberwachung der Bevölkerung auch gar nicht so schlimm, denn die Inhalte der Kommunikation würden ja sicher bleiben. Überhaupt ist Massenüberwachung aufgrund der TERRORGEFAHR (AAAAAAAAAAAAAH! *Hier bitte kurz in Panik verfallen*)  notwendig und alternativlos. Für die Sicherheit muss man halt schon mal auf seine Freiheit verzichten, ist doch klar. Aber von vorne:

Was sind Metadaten?

Metadaten sind im Zusammenhang mit Überwachung die Informationen, die bei Kommunikation und Aktivitäten im Internet neben der eigentlichen Nachricht übertragen werden. Dazu gehört zum Beispiel bei Telefonanrufen die Nummern und Standorte der Gesprächspartner, der Zeitpunkt und dadurch auch die Länge des Gesprächs. Bei E-Mails gehört zusätzlich zu Sender- und Empfängeradresse, Zeitpunkt und Standort auch der Betreff der E-Mail zu den Metadaten. Auch die Server die du über den Browser oder Apps kontaktierst, gehören zu diesen Daten.

Vielleicht hilft es, wenn man diese abstrakte Vorstellung in einem Vergleich darstellt: Metadaten zu speichern ist, als würde dir den ganzen Tag jemand folgen, der aufschreibt mit wem du dich unterhälst, wo du dabei bist und wie lange das Gespräch dauert. Bei jedem Gespräch per Telefon musst du dieser natürlich auch sagen, mit wem du dich da unterhälst, selbiges gilt für Textnachrichten. Auch diese Informationen schreibt sich dein Überwacher selbstverständlich auf. Du bist kein Verbrecher und tust nichts illegales, also fragst du dich, warumm du verdächtigt wirst. Wenn du deinen Überwacher das fragst, dann sagt er dir, du könntest ja in der nächsten Zeit ein Verbrechen begehen und dafür müsste sein Chef dann wissen, was du so gemacht hast.

Stell dir dieses Szenario vor. Niemand würde noch sagen: „Ich hab ja nichts zu verbergen“. Aber da die Überwachung unsichtbar ist und vom Benutzer unbemerkt stattfindet, empören sich nur wenige.

 

Wie viel sagen Metadaten über mich aus?

Es unfassbar, wie stark heutzutage permanent in unsere Privatsphäre eingegriffen wird. Um das zu Verstehen, müssen wir vorher wissen, wie aus diesen „ungefährlichen“ Daten nun sensible Informationen werden: Durch Kombination mit öffentlich zugänglichen  Informationen wie Profilen in Social Media, öffentlichen Telefonnummern und Adressen von Unternehmen und eigentlich anonymisierten Datensätzen kann aus diesen Daten auf einmal ein ganzes Profil der Person erstellt werden. Alleine durch die statistische Auswertung deiner Kommunikationspartner wird ein ziemlich genaues Sozialprofil von dir erstellt.

Mit wem bist du befreundet, wer ist dein Partner, wer sind Arbeitskollegen, mit wem bist du verwandt? All das ist durch reine Analyse von Häufigkeit und Länge der Kommunikation einfach und ziemlich genau zu bestimmen. Aber es geht ja weiter. Über öffentliche Telefonnummern findet man schnell Ärzte, Organisationen und Firmen raus, mit denen du Kontakt hattest. Alleine der Arzt kann viel über unsere eventuellen gesundheitlichen Probleme aussagen, zum Beispiel eine Schwangerschaft. Besonders viel verraten deine Standorte. Sie verraten wo du wohnst, wo du arbeitest, in welchen Läden du einkaufen gehst und zu welchem Arzt du gehst, wo Freunde von dir wohnen und in welches Fitnessstudio du gehst.

All das sind höchst sensible Informationen. Sie machen uns alle im Prinzip zu gläsernen Menschen ohne Geheimnisse und man stelle sich vor, was für ein gewaltiges Missbrauchspotential in diesen gesammelten Daten liegt. Aber selbst wenn wir mal annehmen, der BND geht verantwortungsvoll mit diesen Daten um: Ich bin unschuldig. Ich habe kein Verbrechen begangen, das diese Totalüberwachung rechtfertigen würde und trotzdem kann ich nichts tun. Wir alle werden zu potentiellen Verbrechern und unter Generalverdacht gestellt.

 

Welche Folgen kann das für mich haben?

  • Regierungen könnten diese Informationen missbrauchen, um Kritiker ruhig zu stellen. Niemand kann garantieren, dass nicht irgendwann eine Regierung zu diesen Mitteln greifen wird.
  • Unternehmen wie Facebook und Google nutzen diese Informationen, um möglichst passende Werbung zu schalten. Dadurch verleiten sie einen leicht dazu, Dinge zu kaufen, die man gar nicht benötigt. Uns bleibt am Ende weniger Geld in der Tasche und noch mehr Schrott, der irgendwo hin muss.
  • Onlinehändler verkaufen ihre Ware schon heute zu unterschiedlichen Preise auf Grundlage der Werbeprofile von Google und Co.
  • Irgendwann kriegt die Krankenkasse durch die Fitness-App auf dem Smartphone raus, dass du dreimal in der Woche beim Dönerladen an der Ecke bist und erhöht daraufhin deine Beiträge.

Das mögen unrealistische Szenarien sein, doch unterschiedliche Preise sind heute teilweise schon Realität und niemand kann garantieren, was die Zukunft bringt. Wir sehen ja, wie schnell eine Regierung wechselt und dann auf einmal diese Daten und Möglichkeiten zu einem großen Problem werden.

 

Vertraust du unserer Regierung?

Darüber hinaus ist unsere Regierung nicht Willens oder in der Lage, die Grundrechte der Bevölkerung zu gewährleisten. Im Rahmen des NSA-Untersuchungsausschusses kam heraus, dass Angela Merkel als Oberste Kontrollperson des BND nichts von dessen Aktivitäten gewusst haben will, den Bericht der Datenschutzbeauftragten nicht gekannt haben will und von den Snowden Enthüllungen überhaupt erst aus den Nachrichten erfahren hat. All das zeugt entweder von absolutem Desinteresse, gewaltiger Unfähigkeit oder ungeheurer Naivität. Alles drei keine Eigenschaften, die mein Vertrauen in sensiblen Umgang mit meinen Daten stärkt.

Auch das Bundeskanzleramt hatte angeblich keine Kenntnis von den Praktiken des BND, obwohl einige Zeichen genau das Gegenteil vermuten lassen. So gab es auf Anweisung des Bundeskanzleramtes eine große Löschaktion beim BND, von der die Kanzlerin ebenfalls nichts gewusst haben will. Offensichtlich wird: Die demokratische Kontrolle des BND funktioniert nicht.

Warum also sollten wir uns das gefallen lassen? Uns unter Generalverdacht stellen lassen im Vertrauen darauf, dass der BND die Daten verantwortungsbewusst und im rechtlichen Rahmen nutzt, während wir von 18 schwerwiegenden Rechtsverstößen des BND wissen und dessen demokratische Kontrolle aufgrund von vermeintlicher Blindheit oder Unfähigkeit nicht funktioniert? Nein danke!

 

Was man tun kann?

Zuerst einmal können wir protestieren! Wir müssen uns öffentlich gegen Überwachung wehren und der Politik Druck machen. Darüber hinaus kann jeder natürlich versuchen, es den Überwachern so schwer wie möglich zu machen. Dazu ein paar Tipps:

  • Lösche deinen Facebook-Account. Motivationshilfe gefällig?
  • Nutze sichere Messenger wie Signal, Threema, Telegram usw. Nicht alle diese Dienste bieten das gleich Maß an Sicherheit, doch alle Verschlüsseln deine Kommunikation und stehen nicht in Verbindung mit irgendwelchen Datenkraken (im Gegensatz zu Whatsapp, das zwar auch gegen Vorratsdatenspeicherung schützt, dich dafür aber Facebook ausliefert).
  • Nutze andere Suchdienste! Eine Übersicht zu Alternativen mit Beschreibung findest du hier.
  • Verschlüssel deine E-Mails. Zu diesem Thema wird es bald einen weiteren Artikel geben.
  • Nutze den anonymisierenden Tor-Browser (gibts auch als App). Im Internet zu surfen wird zwar etwas langsamer, dafür bleibst du unerkannt solange du dich auf keiner Website einloggst.

Für erfahrenere Nutzer:

  • Ändere den Domain Name Server deines Routers und Smartphones. Dieser Vorgang ist je nach Modell etwas anders, aber wenn du „MODELL change dns“ suchst (bitte nicht bei google), dürftest du schnell fündig werden. Auf dem Smartphone muss meistens eine App installiert werden. Hier findest du eine Liste des CCC mit vertrauenswürdigen, nicht speichernden DNS-Servern.
  • Installier dir auf deinem Andoid-Smartphone ein CustomROM. Da gibt es viele Möglichkeiten, eine recht beliebte ist LineageOS (das früher Cyanogenmod hieß, lange Geschichte). Eine Anleitung findest du hier, mit etwas glück ist dein Handy unter den unterstützten Modellen.
  • Nutze Linux statt Windows
  • Nutze VPN-Dienste (Achtung! Die Wahl des Dienstes ist entscheidend. Was bringt es dir, wenn du anonym bist und dafür dein VPN-Dienstleister speichert was du machst?)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Solve : *
10 − 2 =